Island – Urlaub im Land der echten Kerle

Heute fliegt keiner mehr! Das war mein erster Gedanke, der mir durch den Kopf schoss, als ich früh morgens am Flughafen von Rejkavik in meinem Hotelzimmer aufgewacht bin. Die ganze Nacht schepperte mein Fenster. Heftiger Sturm und Schnee machten die Nacht ungemütlich. Und es gab so viel Schnee, dass ich mir am Vorabend noch nicht mal sicher war, das der Bus mich von der „Blue Lagoon“ überhaupt zum Hotel bringen konnte. Island zeigte sich von der besten Seite.

Dank Fußball steht Island oben auf der Wunschliste

Island steht bei vielen Deutschen ganz oben auf der Liste der Länder, die noch bereits werden sollen. Dank Fußball-EM ist dieser Wunsch weiter verbreitet worden. Echte Kerle und die unverwechselbare Natur machen die Insel so interessant. Island ist das Land der Geysire und der heißen Quellen.

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Island empfängt mich grau-weiß. Die Insel besteht aus Lavagestein mit Moosbewuchs und ganz wenigen Bäumen. (Fotos: Jörg Baldin)

Den ersten Isländer, den ich am Flughafen getroffen habe, war unser Guide Arthur Bollason, ein blonder Hüne mit perfekter deutscher Aussprache. Er ist genau der Typ Mann, den man sich als Isländer vorstellt: Groß und blond. Isländer, erklärte Arthur unserer Gruppe, neigen dazu, viele Geschichten zu erzählen. Und wie sich später herausstellte, war er offensichtlich der König der Isländer. Ein Reiseführer, wie er besser nicht hätte sein können: Schriftsteller, Autor, Journalist, Bote am Präsidialamt. Glaubt man seinen Erzählungen, wurden viele seiner Schüler berühmte isländische Persönlichkeiten, denn nach dem Abitur beim „Deutschen Akademischen Austauschdienst“ war Arthur in Island auch als Lehrer am Gymnasium und als Lehrbeauftragter an der Universität tätig.

Seine Mutter war Fotomodell, sein Vater Chef von Icelandair, der nationalen Fluglinie, die neben Flugzeugen auch viel Hotels besitzt. Er ist auf der Insel bekannt, wie ein bunter Hund und Arthur kennt viele. Island ist klein. Selbst Politiker wie Willy Brandt, Kurt Waldheim, Otto Schily und Daniel Cohn-Bendit waren vor seinen Interviews für das isländische Radio nicht sicher.

Björn spricht generell nicht viel

Den zweiten Isländer, den wir auf unserer Reise treffen, ist Björn Kjartansson. Auch ein „richtiger“ Isländer, der das historische Bad „Gamla Laugin“ in einem Jahr wieder zum Leben erweckt hat. Seit 1891 baden die Isländer in dieser heißen Lagune, die von mehreren kleineren Geysiren umgeben ist. Björn spricht generell nicht viel, arbeitet dafür umso mehr. Für mich, so viel vorweg, ist das die schönste heiße Quelle, die wir auf Island besucht haben. Ein unglaublich tolles Gefühl, in Eiseskälte in die Badehose zu schlüpfen, um dann stundenlang in 40 Grad kaltem Wasser zu sitzen. Und Björn war mir auch irgendwie sympathisch, denn als wir am nächsten Morgen zum Fotostopp an seiner „Secret Lagoon“ erneut hielten, standen sieben Dosen Bier auf dem Tisch. Frühstück à la Island eben…

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Eine heiße Quelle in der Nähe der „Gamla Laugin“. Hier sollteman nicht drin baden, das Wasser ist über 100 Grad heiß.
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„Gamla Laugin“

Die „Secret Lagoon“ liegt in dem kleinen Dorf Fludir, das rund zwei Stunden von Reykjavik entfernt ist. Wer – wie wir – am Abend nach Fludir kommt, könnte den Eindruck gewinnen, dass die Haupteinnahmequelle der Anbau von Hanff ist, Große, hell beleuchtete Gewächshäuser empfangen uns. Strom und Heizung gehört zu den Dingen, die hier auf der Insel so gut wie nichts kosten. Beides wird aus der Erdwärme gewonnen und von der gibt’s hier reichlich. Überall qualmt es aus der Erde. Und so nutzen die Isländer diese Möglichkeit, um möglichst viel Gemüse in den Gewächshäusern anzubauen.

Nadelstiche prasselten auf mein Gesicht ein

Am nächsten Morgen geht’s ganz früh weiter. Unser Ziel ist Gullfoss, ein riesiger Wasserfall. Eine der Sehenswürdigkeiten, so Arthur, den jeder Islandbesucher gesehen haben muss. Auch bei minus zehn Grad. Und so rutschen wir mehr oder weniger den spiegelglatten Weg zum Wasserfall entlang, der wirklich sehenswert ist. Und wenn es nur die Kälte gewesen wäre, ich hätte mir die Natur dort ganz sicher noch länger angesehen, aber der Sturm peitsche in mein Gesicht und es fühlte sich so an, als wenn tausend kleine Nadelstiche über mich einprasselten. Arthur hingegen lächelte, als wäre heute der schönste Sommertag. Isländer eben…

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Der Gulfoss ist ein riesiger Wasserfall in Island. Er besteht aus zwei Stufen, von denen die erste 11 Meter und die zweite 21 Meter hoch ist.

Von Gullfoss aus fahren wir zum nächsten Highlight, den Geysiren. Sie sind die Namensgeber der Springquellen auf der ganzen Welt. Auch hierzu kann Arthur die wildesten Geschichten erzählen. Von einer dänischen Königin zum Beispiel, die zu Besuch auf der Insel war, und der Geysir auf einmal nicht mehr „explodieren“ wollte. Erst als die Delegation die Geysire verlassen hatte, schossen die Wasserfontänen wieder aus der Erde. Wer, wie ich, allerdings ein riesiges Naturschauspiel mit spektakulären Ausbrüchen erwartet, wird sich wundern. Der Schwall kommt mit einem leichten Knall aus der Erde, das Wasser spritzt etwa drei Meter hoch und nach wenigen Sekunden ist das Spektakel vorbei. Was bleibt ist viel Dampf und der Geruch von Schwefel, der überall auf der Insel zu riechen ist. Schwefel, so Arthur, sei das Lebenselixier der Isländer.

Das älteste Parlament der Welt stammt aus Island

Der Nachmittag steht ganz im Zeichen isländischer Geschichte. Wir sind in Thingvellier, dem alten historischen Thingplatz der Wikinger. Hier treffen die eurasische und die amerikanische Kontinentalplatte aufeinander. Einmal jährlich hielten die Einheimischen während zwei Wochen im Juni eine traditionelle gesetzgebende Versammlung ab. Es handelt sich damit um eines der ältesten Parlamente der Welt, das bis ins Jahr 1798 Bestand hatte.

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Bei Thingvellir treffen die eurasische und die amerikanische Kontinentalplatte aufeinander.
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Hier enstand das älteste Parlament der Welt. Am Thingplatz trafen sich die Wikinger einmal im jahr, um zwei Wochen lang über Recht und Gesetzt zu sprechen.

Abends gehen wir in Reykjavik ins Restaurant Laekjarbrekka in der Nähe des Hafens und des Parlament. Natürlich speisen wir im Präsidentenzimmer. Und Arthur, der als kleiner Junge Bote des Präsidenten war, kann zu allen Portraits ehemaliger Staatsoberhäupter der Insel unzählige Geschichten erzählen.

Der nächste Tag gehört der Hauptstadt von Island. Reykjavik ist eine kleine Hafenstadt und gleichzeitig die am nördlichsten gelegene Hauptstadt der Welt. Hier wohnen rund 120.000 Einwohner, also knapp ein Drittel aller Inselbewohner. Die Stadt selbst lebt von den vielen kleinen Geschäften, von den Pubs und dem Hafen. Wir besuchen das „Harpa“, ein modernes Musik- und Konferenzgebäude sowie das größte Walmuseum der Welt, das kurz danach für die Öffentlichkeit geöffnet wurde. Arthur zeigt uns auch eine kleine Wurstbude, bei der einst US-Präsident Bill Clinton eine Currywurst verspeiste. Seitdem gibt es in der Bude eine Clinton-Wurst und die Schlange vor dem Laden wurde immer länger.

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Wer hat’s erfunden? An dieser Bude in Reykjavik soll einst Bill Clinton eine Currywurst verspeist haben.
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Reykjavik lebt von der Lage am Wasser. In der Hauptstadt von Island leben rund ein Drittel der Inselbewohner.

In Reykjavik gibt’s die Bill Clinton-Wurst

Wer Island besucht, der darf auf keinen Fall die weltberühmte Blaue Lagune verpassen, die in der Nähe von Reykjavik in Richtung Flughafen Keflavik liegt. Auch wir machen einen Halt dort und wechseln warme Kleidung gegen Badehose. Die „Blue Lagoon“ verdankt ihrem Namen dem blauen Wasser. In der Nähe des Sees liegt ein Kraftwerk, aus dem Kühlwasser auf das umliegende Lavafeld geleitet wird und dort einen Salzwassersee in der typisch blau-weißen Farbe bildet. Das Wasser im Thermalbad hat eine Temperatur von bis zu 42 Grad und hilft anerkanntermaßen gegen Schuppenflechte und andere Hautkrankheiten. Rund 750.000 Besucher kommen jedes Jahr zur „Blue Lagoon“. Unser Besuch wird – wie eingangs erwähnt – von einem eisigen Sturm begleitet, der den Körper in zwei Klimazonen aufteilt. Während der Teil unter Wasser angenehm gewärmt wird, wird der Kopf samt Haare schockgefroren. Da hilft auch meine Taktik, den Kopf nicht unter Wasser zu nehmen, gar nichts. Der Dampf des warmen Wasser macht meine Haare nass und damit zur Eisskulpturenzone.

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Die weltberühmte Blaue Lagune von oben gesehen. Das blaue Wasser entsteht durch Kieselalgen und ist sehr gut für kranke Haut.

Nach knapp zwei Stunden geht’s weiter in Richtung Flughafen. Inzwischen liegen zehn Zentimeter Neuschnee auf der Straße und der Bus muss aufgrund des Schneesturms mit der schlechten Sicht in der Nacht kämpfen. „Die fliegen morgen früh nie“, sagte ich zu Arthur, der allerdings nur müde lächelte. „Das sind die Piloten von Icelandair gewohnt“, so der Guide. „Für die macht es erst richtig Spaß, wenn denen der kalte Wind ums Cockpit fliegt.“ Offensichtlich sollte er Recht behalten. Isländer eben…


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Jörg Baldin
Jörg Baldinhttps://www.travelmagz.de
Jörg Baldin, Chefredakteur und Gründer vom Reisemagazin TRAVELMAGZ (powered by Breitengrad53), hat 2011 seine wahre Berufung gefunden: Urlaub machen und darüber schreiben! Seitdem hängt er ständig am Flughafen ab, packt seinen Koffer in Rekordzeit und erkundet die Welt. Ob am Strand, im Wald oder auf dem Berg - Jörg fühlt sich überall zu Hause. Kein Wunder, dass er immer eine Extra-Portion Sonnencreme dabei hat, um die schönsten Sonnenuntergänge am Strand zu genießen. Wenn es nach ihm geht, könnte die Welt ruhig noch ein paar mehr Strände vertragen - denn für Jörg gibt es nichts Besseres, als den Sand zwischen den Zehen zu spüren und den Wind um die Nase wehen zu lassen.